Suche auf unseren Seiten:

Startseite Mitteilungen Texte, Links und Bücher Historisches - Texte, Links und Bücher

 

Briefwechsel zwischen
dem Großen Kurfürsten und Ludwig XIV.

.... durchlauchte Korrespondenz in Sachen Hugenotten

Vo

 

An den König von Frankreich

 

 

Kleve, den 13. August 1666

Sehr werter Herr Vetter!

Die Verbundenheit, welche uns eint, und die mannigfaltigen Proben von Wohlwollen, welche ich von Ew. Majestät erhalten habe, verbinden mich so sehr Ihren Interessen, daß ich Ihnen nicht vorenthalten kann, dass die Behandlung, welche Ihre armen Untertanen reformierten Glaubens erdulden, Ihre Verbündeten, welche demselben Bekenntnis angehören, betrübt.

Eurer Majestät kann nicht verborgen sein, daß das hauptsächlichste Band, welches Ihre Vorfahren mit den protestantischen Fürsten des Reiches verknüpfte, die Freiheit des Gewissens war, welche von ihnen bewilligt und bekräftigt wurde durch verschiedene Edikte und königliches Versprechen; wenn dieses Band der Übereinstimmung durch Gewalttätigkeiten zerrissen werden sollte, von denen bekannt ist, daß sie öffentlich an ihren Personen und zugestandenen Gotteshäusern verübt werden, so wäre es schwer begreiflich, daß dies nicht die Neigungen entfremden und die Gemüter Ihrer Nachbarn und Verbündeten beunruhigen würde, unter denen es einige gibt, welche aus Achtung für Eure Majestät soviel Freiheit den Anhängern Ihrer Religion belassen haben.

Ich bin so sehr von Ihrem Gerechtigkeitssinn und Ihrer Güte überzeugt, daß ich zu behaupten wage, daß Sie keine Kenntnis von diesen Vergewaltigungen haben, und daß alles Übel davon herrührt, daß der Umfang Ihrer wichtigen Staatsangelegenheiten Ihnen nicht erlaubt, selbst von den Interessen dieser armen Bedrückten Kenntnis zu nehmen. Ich bitte Eure Majestät inständigst, ihre Schwachheit und Ohnmacht zu berücksichtigen, sich gegen so mächtige Richter zu verteidigen, die von ihrer Partei sind.

 

Herr Colbert, dem ich schon einige Klagen über die Vernichtung so vieler Gotteshäuser vorgebracht habe, hatte mich versichert, daß dies nur solche gewesen seien, die seit dem Edikt von Nantes neu errichtet worden seien, und das hat man Eurer Majestät eingeredet; aber, wenn es Ihnen beliebte, sich durch uninteressierte Personen darüber Kenntnis zu verschaffen, so würden Sie sicher das Gegenteil erfahren, und ich bin sicher, daß Sie Mitleid mit so zahlreichen armen Untertanen empfänden, welche nur von Treue und Gehorsam erfüllt sind und sich unverbrüchlich den Interessen Eurer Majestät hingegeben haben.

 

Seien Sie überzeugt, daß ich keine Klage ihrerseits erhalten habe, und daß mein Eintreten für sie nicht erbeten worden ist, aber, mit ihnen durch den gleichen Glauben verbunden, bin ich für ihre Betrübnis empfänglich, und ich setze so großes Vertrauen in das Wohlwollen Eurer Majestät, daß ich sicher bin, daß Sie es weder unangebracht noch befremdend finden werden, daß ich Sie sehr herzlich bitte, dieses arme Volk in Ihre königliche Obhut zu nehmen und ihnen die Freiheit ihres Gewissens zuzubilligen oder zu bewahren, sowie die Freiheit der Stätten, wo sie ohne Bedrängnis sich versammeln können, um Gott zu dienen und ihn um das Glück und die Größe Eurer Majestät anzuflehen.

Wenn auf meine inständige Bitte Sie die Gunst gewähren, welche ich von Ihnen für diese armen und getreuen Untertanen erbitte, so würde ich mich so sehr Ihnen verpflichtet fühlen, daß ich mein Leben lang und bei jeder Gelegenheit mich bemühen würde, zu zeigen, mit welcher Aufrichtigkeit und Beflissenheit ich bin [ ]

 

- - - - - - -

 

In seinem Antwortschreiben am 10. September 1666 aus Vincennes betont Ludwig XlV.:

1. Er sei für alles in seinem Reiche verantwortlich.

2. Er vermute, der große Kurfürst sei doch zu seinem Interventions schreiben beredet worden.

3. Er habe keine Kirche der Hugenotten abreißen lassen mit Ausnahme derer, die widerrechtlich nach dem Erlass des Ediktes von Nantes aufgebaut wurden.

Er fährt fort:

Zum vierten und letzten ist dieses eine meiner absonderlichen Angelegenheiten, dass ich meine Untertanen von besagter Religion [die Hugenotten] in allem Tun und Begebenheiten bei dem allen, was ihnen kraft der Edikte durch Erlaubnis und Vergünstigung der Könige, meiner Vorfahren, und meiner eigenen Person zukommt und zugehört, auf das Heiligste beschirmen und erhalten, und ja auf keine Weise zugeben möge, dass irgendwo dawider gehandelt werde.

Dieses ist die Regel, die ich mir selbst vorgeschrieben habe, um sowohl die Gerechtigkeit zu beobachten, als auch gegen sie zu bezeugen das Vergnügen, so ich schöpfe von ihrem Gehorsam und von ihrem Eifer [ ]

 

Schließlich bitte ich Gott, dass er Ihn [den großen Kurfürsten], meinen lieben Bruder, in seinen hohen und heiligen Schutz nehmen wolle.

 

Geschrieben zu Vincennes, den 10. Sept. Anno 1666

Sein lieber Bruder

Ludwig [XIV.]

aus: Der Deutsche Hugenott. März 1936, [8. Jg.], Nr.1, S. 10-11

 

 

 

 

  Das Edikt von Nantes und der Toleranzbegriff 

Michael Goebel

 

  Der Hugenottenpsalter 

Lilli Wieruszowski

 

 

   

 

   

 

   

 

Stand: 19. Februar 2020

 

Fragen/Kommentaren: