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Startseite Unsere Gemeinde Arbeit mit der Bibel in unserer Gemeinde

 

Die Amsterdamer Schule

... hat einen eigenen Zugang entwickelt, die Bibel zu lesen und zu verstehen:

 

Im Mittelpunkt steht ein biblischer Text.

Hinzu treten die Erkenntnis und der Anspruch:

Die Bibel legt sich selbst aus.

Mit anderen Worten, sie kritisiert sich selbst.

Die Bibeltexte sind jahrhundertlang durch lebendige lesende, hörende, auslegende Gemeinschaften überliefert worden. Wir lesen sie, z.T. in jüdisch-christlicher Gemeinschaft, als aktuelle Botschaft, als Texte, die uns nicht nur berichten, sondern auch anregen und verändern wollen. Die Absicht der Texte über Lesen, Hören und Studieren, zu Verstehen und Tun zu leiten, bedeutet, daß die Bibel eigene Texte kritisiert. So werden wir zu kritischer Leseweise und zur Kritik unserer Leseweise geführt, auch der von Kirche und Synagoge . Dadurch schult die Bibel und bleibt oder wird zum lebendigen Gegenüber für uns und unsere Lebensweise.

 

Die Bibel wirkt kommunikativ gemeinschaftsbildend.

Es hat sich erwiesen, daß die Bibel nur in einer Gemeinschaft überliefert und verstanden werden kann. Die Schriften des zweiten Testaments beschreiben vielfältig solche Gemeinschaftsbildungen. Sie entstanden insbesondere in Auseinahndersetzungen, die um den Messias oder Jesus Christus und um Texte des ersten Testaments geführt wurden. Alles das sollte/soll Gemeinschaften bilden/schulen.

Biblische Texte bringen das Geheimnis des unaussprechlichen Namens Gottes zur Sprache. Die Schule der biblischen Texte hörte nicht auf und wird weiter Schule machen. Die Schrift sollte/soll an konkreten Orten, in der Zeit in einem gesellschaftlichen Umfeld schulen.

Jede/r der/die die Schulung durch die Schrift sucht, kann zugleich lernen und lehren. In diesem Studium geht es auch um Akzeptanz und Zuhören. Ansichten werden und dürfen kollidieren. Jedem Text wird offen begegnet, dogmatische/konfessionelle Vorentscheidungen werden zurückgestellt und nur als eine mögliche historische Lesart akzeptiert.

Lektüre und Diskurs sollen menschliches Miteinander fördern und soziale Schranken überwinden helfen. Als zuträglich erweisen sich oft Gesang, Musik, Gebet und gemeinsames gutes Essen.

 

Drei Zitate

Dadurch kommt die Theologie zu Wort, die hinter der Amsterdamer Schule * steht.

MiskotteEs handelt sich bei der Auslegung sowohl des Alten wie des Neuen Testaments um ein Unternehmen ohne die Garantie daß wir hinter dem Text ... die "wirkliche" Geschichte finden oder rekonstruieren können. Die überlieferte Textgestalt (im breitesten Sinne) ist das erste und letzte Material der Exegese. Dies ist auch wichtig für die rechte Einsicht in die Einheit der Schrift. Denn nicht in der Kontinuität der Geschichte, sondern im geistigen Zusammenhang der Worte lieg die Einheit und ist sie spürbar geworden.

Hier wird die Einheit der Schrift angesprochen. Eine Einheit die nicht blind ist vor der Vielfalt der Strömungen in der Schrift.

BeekDie durch Kanonisierung zusammengehaltene altisraelische Literatur wird durch eine Anzahl leitender Gedanken getragen und diese sind erkennbar in Strukturen, die größer von Umfang sind und massiver von der Form her als das, wovon uns die Einleitungswissenschaft literarhistorisch, formgeschichtlich oder traditionsgeschichtlich zu überzeugen versucht.

Daran knüpft die Amsterdamer Schule und unterscheidet sich von der gängigen sogenannten Historisch kritischen Schule, indem sie voraussetzt, daß der Text selbst in seiner Einheit wichtiger ist als jede historisch kritische Methode.

BreukelmannBeim Erklären der biblischen Texte kommt von selbst eine stets vollständige "biblische Theologie" aus der Exegese der Texte zum Vorschein und umgekehrt fungiert die aus der Exegese der Texte zum Vorschein kommende biblische Theologie auf ihre Weise als hermeneutischer Horizont, in dem die Exegese getan werden muß.

Die Amsterdamer Schule arbeitet mit einer Biblischen Theologie, zu der die Erkenntnis gehört, daß die gesamte Vielfalt der Bibel vielfältigste innere Beziehungen aufweist, daß es zentrale Begriffe gibt, die sich wiederholen und die eine bestimmte Denkweise voraussetzen. Diese Theologie läßt Unterschiede zu und sucht diese geradezu. Zugleich zieht sie Verbindungen zwischen verschiedenen Textstellen, um sich dem Verständnis des Textes zu nähern.

BuberBiblische Texte sind als Texte der Bibel zu behandeln, d.h., einer Einheit, die, wenn auch geworden, aus vielen und vielfältigen, ganzen und fragmentarischen Elementen zusammengewachsen, doch eine echte organische Einheit und nur als solche wahrhaft zu begreifen ist.

Von daher setzt sich die Amsterdamer Schule auch mit klassischen Feldern der Theologie wie mit Fragen der Übersetzung, mit literaturwissenschaftlichen Herangehensweisen, mit dem historischen Hintergrund, mit der Hermeneutik u.a.m. auseinander. Aber sie steht zusätzlich auch in Auseinandersetzung mit der Politik und der Lebenspraxis unserer Tage.

 

Herangehensweise

Es hat sich eine Methode der Annäherung an Texte bewährt, die zu besserem Verständnis hilft und die sich je nach den Gegebenheiten auch abändern läßt:

Begonnen wird mit einer vorläufigen Übersetzung des Textes, die in anschließenden Gesprächen verbessert werden kann. Dazu werden verschiedene Bibelübersetzungen und womöglich eigene Übersetzungen herangezogen. Dabei wird z.B. auch auf die syntaktischen Strukturen geachtet. Oder es wird untersucht, wo ein Worte im Urtext auftritt und welche Übersetzungsmöglichkeiten sich anbieten.

Auch sollte sich mit dem biblischen Kontext und Parallelstellen des bearbeiteten Abschnitts vertraut gemacht werden.

Dann werden im Text Sequenzen, Wiederholungen und andere stilistische Erscheinungen farbig hervorgehoben. Damit werden Unregelmäßigkeiten, Einschübe, Rhythmen, Variationen von Stereotypen, ... bunt vor Augen gestellt.

Dann kann nach den Subjekten, ihren Rollen, nach Wortfeldern, Gegenüberstellungen, Umstellungen, Erzählzeiten, Perspektiven, ... gefragt werden. - Wer spricht?  Wer handelt?  Wer sieht?  An welchen Orten passiert was ? ... Wie könnte der Text gegliedert werden? ....

Der ersten formalen Analyse folgen inhaltliche Fragen: Was bedeutet, z.B., das wiederholte Vorkommen eines Wortes?  Was ist das Hauptthema?  Was sind Nebenthemen? Was ist das Hauptmotiv? ......

Oder, wie werden bestimmte Worte in einem anderen Kontext gebraucht ? Was ist ihre Bedeutung an der untersuchten Stelle ? Gibt es ähnliche Stelle innerhalb des biblischen Zusammenhangs ?

Thesen können entwickelt werden. Alles was der Erhellung des Textes dient ist erwünscht und wird zugleich der Kritik desselben Textes ausgesetzt.

Es geht darum, 'lesen zu lernen', um die verschiedenen Assoziationen und Anspielungen der Kompositionen erkennen zu können.

Die Texte sind oft nicht nur geschichtlich einzuordnen, sondern was mit ihnen selbst geschah und geschieht, beim Schreiben, Lesen, Hören.

Kommentare zum Text werden sehr spät herangezogen, erst dann, wenn man sich dem Text durch eigene handwerkliche Arbeit genähert hat. Der These "je älter je echter" wird nicht gefolgt. Das Problem einer Quellenscheidung wird nicht als primär oder besonders ergiebig betrachtet. Dagegen wird die Tatsache, daß der Text in der vorliegende, womöglich komponierten Form lange überliefert wurde, als wertvoll betrachtet.

 

Hermeneutik

Hermeneutische Fragen sind beispielsweise:  Wie nähern wir uns dem Text?  Welche Methoden wenden wir an, um den Text zu interpretieren?  Wie verstehen wir den biblischen Text?

Bei der Suche nach der Bedeutung des Textes soll stets selbstkritisch in Erinnerung bleiben, daß es keine wertfreie Interpretation gibt, sehr wohl aber Auslegungstraditionen, die unsere Lesart mitbestimmen, ebenso unseren Abstand zu der historischen Erfahrung die im Text beschrieben wird. D.h., zur Textanalyse gehört eine kritische Analyse der eigenen impliziten Voraussetzungen. So versteht sich von selbst, daß keine endgültige oder überall gültige Deutung eines Textes möglich ist. Immer werden wir im Defizit gegenüber dem Text bleiben und die Schrift wird in jeder Situation aufs Neue zu Menschen sprechen.

Bestimmend ist die Voraussetzung, daß Gott verstehbar durch die biblischen Texte spricht.

Daher wird die Bedeutung eines biblischen Textes vornehmlich in ihm selbst und in anderen biblischen Texten gesucht, diesen Texten zur Kritik ausgesetzt und korrigiert - etwa nach dem Leitsatz:  Wir können die Schrift nur deuten, wenn auch die Schrift uns selbst deutet.

Dabei ist immer wieder die schöne Erfahrung zu machen:  Die Texte haben uns heute etwas zu melden.

 

Wichtiges Prinzip:  Der Text darf es sagen.

Die Texte sind in ihrer Endgestalt zu respektieren, wie Personen. Ihre AutorInnen sind ernst zu nehmen. D.h., die Texte dürfen es selbst sagen. Sie werden als sinnvolles wohlüberlegtes Ganzes gesehen, auch wenn er aus älteren Texten zusammengefügt sein sollte. Der literarische Verband, in dem der Text steht ist bedeutungsvoll.

Der Text soll als Einheit gesehen und gelesen werden.

Alles, was um den Texts historisch in Erfahrung zu bringen ist, soll auch durch den Text selbst kritisiert werden dürfen. Der Text selbst ist die Instanz, die unser Leben kritisiert. Durch ihn kommt Gottes Wort und Handeln zur Sprache.

 


 

* zitier bei Karl Deurloo u.a. "De bijbel maakt school" S.9, Ten Have bv., Baarn 1984

 

       

 

 

Die Weisung des Ewigen ist klar, erhellt, daß das Auge sieht. Psalm 19,8

 

   

 

Stand: 19. Februar 2020

 

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